Viele Menschen durchlaufen eine wahre Odyssee, bis endlich die Diagnose einer chronischen Borreliose gestellt wird. Das liegt daran, dass es keinen einzigen Test gibt, der für sich alleine eine solche Erkrankung sicher beweist oder ausschließt. Erst die Kombination verschiedenster Testverfahren lässt eine Aussage zu, ob das Vorliegen einer chronischen Borreliose wahrscheinlich, möglich oder unwahrscheinlich ist.
Eine umfassende Diagnostik soll folgende Fragen klären:
- Liegt überhaupt eine chronische Infektion vor?
- Wenn ja, ist diese aktiv oder inaktiv?
- Welche Folgen sind nachweisbar (Immunsystemstörungen, Stoffwechselveränderungen, systemische Entzündungen, Regulationsstörungen etc.)?
- Liegen Begleitfaktoren vor (Co-Infektionen, Schwermetallbelastungen, Vitalstoffmangel)?
Bereits aus der Krankengeschichte ergeben sich erste Verdachtsmomente auf das Vorliegen einer Multisystemerkrankung. Hauptsächlich das Symptommuster und dessen bisherige Entwicklung sowie ein möglicher zeitlicher Zusammenhang zwischen den ersten Beschwerden und erinnerlichen Zeckenstichen liefern entsprechende Anhaltspunkte. Dabei ist jedoch anzumerken, dass eine Borrelien-Infektion durchaus auch vorliegen kann, selbst wenn sich der Patient nicht an einen Zeckenstich oder eine Wanderröte erinnert.
Der erste diagnostische Schritt erfolgt meist durch den Hausarzt mit der Bestimmung der Antikörper gegen Borrelien.
Das Standardtestverfahren, die Antikörperbestimmung, soll die Frage beantworten, ob das Immunsystem schon einmal Erregerkontakt hatte, ob also überhaupt eine Infektion mit Borrelien erfolgt ist. Durch diesen Test kann in der Regel zwischen einer akuten und einer länger zurückliegenden Infektion unterschieden werden. Jedoch gibt der Test keine Antwort auf die Frage, ob eine solche Infektion ausgeheilt ist oder noch persistiert.
Ein negatives Testergebnis (es werden keine Antikörper gefunden = Seronegativität) schließt aber definitiv eine Infektion n i c h t aus. Häufig sind es gerade die klinisch schwerer erkrankten Patienten, die keine oder eine untypische Antikörperbildung aufweisen (ausschließlich Kurzfristantikörper = IgM). Dies kann genetische Ursachen haben (sog. HLA-DR1-Assoziation) oder aber eine schwere (infektionsbedingte) Beeinträchtigung des Immunsystems führt zu einer fehlenden Antikörperentwicklung. Im letzteren Fall findet man im zeitlichen Verlauf einen anfänglich positiven Nachweis der Antikörper. Über die Jahre nimmt der Titer dann jedoch kontinuierlich bis hin zur Seronegativität ab. Fehlinterpretiert wird ein solcher Verlauf häufig als Ausheilung der Infektion. Dem widerspricht der parallel sich dazu verschlechternde Gesundheitszustand des Patienten. Diese Menschen fallen durch das diagnostische Raster, da bei fehlendem Antikörpernachweis eine weitere Diagnostik meist unterbleibt. Teilweise verantwortlich dafür sind leider auch gesetztliche Bestimmungen, welche die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen für weitere Untersuchungen verhindern.
Andere Testmethoden sind also notwendig, um einer möglichen Infektion auf die Spur zu kommen. Mehrere Verfahren stehen dafür zur Verfügung, von denen sicher nicht alle bei jedem Patienten zwingend durchgeführt werden müssen. Jedoch, wie anfänglich erwähnt, gibt es keinen einzigen Test, der für sich alleine eine Infektion sicher ausschließt oder beweist. Erst die Kombiantion verschiedener Tests läßt eine weitgehend sichere Aussage zu. Die Auswahl muss nach diagnostischen Kriterien und den zu erwartenden Kosten getroffen werden.
Mögliche Testverfahren zur Erregerdiagnostik umfassen in der Reihenfolge Ihrer Anwendung:
- Antikörpertests (ELISA, Western-Blot, recomBead Test, Immunfluoreszenztest, B16+ Test) untersuchen die Antwort des humoralen (antikörperbildenden) Immunsystems auf eine Erregerinfektion. Antikörper spiegeln vorwiegend das Immungedächtnis wider und geben eine Information darüber, ob überhaupt eine Infektion stattgefunden hat. Aussagen über die Aktivität der Infektion oder ob die Erreger, gegen die der Mensch Antikörper gebildet hat, überhaupt am Krankheitsgeschehen beteiligt sind, sind oft nur sehr eingeschränkt möglich.
- Aktivitätstests (LTT = Lymphozytentransformationstest oder der ELISPOT-Test) bestimmen die zelluläre Antwort des Immunsystems auf eine Erregerinfektion. Da die untersuchten Immunzellen nur eine sehr kurze Lebensdauer haben (6-8 Wochen), lassen sich aus deren Aktivierungsgrad Rückschlüsse auf die Erregeraktivität in den letzten 6-8 Wochen treffen.
- Die Bestimmung der so genannten CD57+ NK-Zellen gibt einen Hinweis (keinen Beweis) auf die Beeinträchtigung des Immunsystems durch ein Multiinfektionsgeschehen. Sehr niedrige Werte sind ein Indiz für die Fähigkeit der Erreger, das Immunsystem selbst zu manipulieren. Der Verlauf der CD57+ Werte lässt gewisse prognostische Aussagen zu.
- Ein PCR-Test (aus Blut, Urin, Liqour oder Gewebebiopsie) weist die Erbsubstanz (DNA) der Erreger nach, kann aber nicht zwischen lebenden und toten Erregern unterscheiden. Bei chronischen Infektionen spielt der PCR-Test jedoch nur eine untergeordnete Rolle, da zumindest in den leicht zugänglichen Körpersubstanzen (Blut, Urin) meist keine Erreger-DNA mehr nachweisbar ist.
- Darüber hinaus gibt es weitere Testverfahren, die wissenschaftlich deutlich weniger erbrobt und damit umstritten sind. Sie eignen sich somit nicht für den gesicherten Erregernachweis, können aber erste oder ergänzende Hinweise auf eine Infektion liefern.
- Bioenergetische Diagnostik: Jedes Element, jede Substanz, jeder Erreger oder auch jedes Organ lassen sich nicht nur biochemisch untersuchen sondern weisen auch eine spezifische energetische Schwingungsfrequenz auf. Der Nachweis der spezifischen Schwingungsfrequenz eines Erregers oder einer Substanz (z. B. Schwermetalle) gibt Hinweise, die eine umfangreiche Diagnostik ergänzen können.
- Dunkelfeldmikroskopie: Krankheitsbedingte Veränderungen des Blutes (z. B. Verklumpungen der roten Blutkörperchen) aber auch größere Erreger wie Bakterien, Parasiten und Pilze sind teilweise sichtbar in der Dunkelfeldmikroskopie. Entsprechende Bilder können manchmal mehr sagen als tausend Worte.
- Phagentest: Dieser weist virusähnliche Partikel (Phagen) nach, die sich spezifisch auf der Oberfläche von Bakterien befinden. Borrelien haben andere Phagen als Chlamydien oder Yersinien oder weitere bakterielle Erreger. Einfach ausgedrückt: Findet man erregerspezifische Phagen, dann muss auch der Erreger im Körper sein.
Eine Borrelien-Infektion kommt selten allein. Meist muss sich das Immunsystem zusätzlich mit einer ganzen Reihe andere Infektionserreger auseinander setzen. Dazu gehören Erreger, die ebenfalls durch Zecken übertragen werden oder Erreger, mit denen sich der Patient auf anderem Wege infiziert hat. Beispiele dafür sind:
- Bakterielle Erreger: Anaplasmen, Bartonellen, Chlamydien, Mycoplasmen, Yersinien und andere
- Viren: Epstein-Barr, Herpes, Zytomegalie und andere
- Parasiten: Babesien, Toxoplasmen, Würme und andere
- Pilze: Candida, Schimmelpilze (Aspergillos) und andere
Auch hier gilt es, hinsichtlich der Diagnostik eine Auswahl zu treffen, die sich nach der klinischen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer solchen Co-Infektion, der therapeutischen Konsequenz und den Kosten richtet.
Darüber hinaus sollten idealerweise bei jeder infektionsbedingten Multisystemerkrankung folgende Untersuchungen erfolgen:
- zellulärer Immunstatus (ergibt Aussagen über die Immunkompetenz, die Immunaktivierung und die Immuntoleranz)
- Autoimmunitätsdiagnostik (infolge von "Verwechselungen" von Erregerstrukturen mit körpereigenen Geweben kann es dazu kommen, das das Immunsystem den eigenen Körper angreift = Autoimmunität)
- Schwermetallscreening (Quecksilber, Blei, Cadmium oder Aluminium sind nicht nur für sich alleine schädlich für den Organismus, sie induzieren bei den Erregern auch die Biofilmbildung, ein Resistenzmechanismus, welcher die Erreger vor den Schwermetallen, vor dem Immunsystem und leider auch vor Antibiotika schützt)
- Vitalstoffdiagnostik (schwerwiegende chronische Erkrankungen führen zu einem erhöhten Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Enzymen)
- Regulationsdiagnostik (Störungen im vegetativen Nervensystem, dem Steuerungszentrum aller inneren Abläufe im Organismus, stellen ein Therapiehindernis dar und müssen entsprechend erkannt und behandelt werden)
- Nachweis der für Multisystemerkranungen typischen Stoffwechselveränderungen, wie z. B. Funktionsstörungen der Mitochondrien (der Energiekraftwerke der Zellen), systemischer Entzündungen, oxidativer und nitrosativer Belastungen (freie Radikale) oder spezielle hormonelle und enzymatische Stoffwechselstörungen
Insgesamt erweist sich die Diagnostik bei Verdacht auf eine chronische Borreliose oder eine andere infektionsbedingte Multisystemerkrankung als sehr komplex und gehört damit in die Hand des Spezialisten. Grundsätzlich gilt: Soviel Diagnostik wie nötig, um einen ganzheitlichen und erfolgsversprechenden Therapieansatzt zu finden. Jedoch sollte keine Diagnostik erfolgen, ohne dass sich daraus eine therapeutische Konsequenz ergeben würde. Der letztendliche Umfang der durchzuführenden Untersuchungen wird während des Ersttermins in der Sprechstunde festgelegt.